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Mozart: 18 Klaviersonaten. 18 Ausgaben. 

© 2012 by Paul and Eva Badura-Skoda

Im G. Henle Verlag liegen alle Klaviersonaten W. A. Mozarts nicht nur in den zwei bewährten Sammelbänden, sondern auch als einzelne Urtextausgaben vor. Die Vorteile auf einen Blick:

  • für alle, die nur eine oder wenige Sonaten spielen wollen
  • attraktiver Preis
  • Urtext identisch mit der Henle-Referenzausgabe (HN 1 und HN 2)
  • neues, aktualisiertes Vorwort in Deutsch, Englisch, Französisch (gilt nicht für alle Titel)

Fragen Sie Ihren Musikalienhändler.

Im Folgenden finden Sie zu jedem der 18 Meisterwerke Fakten und Wissen, extra für Sie erstellt:

  • einen kenntnisreichen Einführungstext der Extraklasse (Paul und Eva Badura-Skoda)
  • Titelangabe, Tonart, KV-Nummer, HN-Bestellnummer, Preis
  • den Werkbeginn in Noten (Incipit)
  • einen Link auf ein sehenswertes YouTube-Video
  • den Schwierigkeitsgrad (Henle-System)
  • weiterführende Literaturempfehlungen

Außerdem runden Ausführungen zur Bedeutung der Sonaten und der historischen Tasteninstrumente unser Angebot ab. Eine wahre Fundgrube an lesenswerten und spannenden Fakten zu Mozarts Klaviersonaten. Nur hier auf der Henle-Website.

Viel Spaß wünscht das Henle-Team!

Mozarts Klaviersonaten

I Einleitung 

 

„Mozart ist ein Prüfstein des Herzens. Wenn ich jemandem etwas besonders Liebes antun möchte, setze ich mich ans Klavier und spiele ihm ein Stück von Mozart.“ Mit diesen Sätzen hat der große Mozart-Interpret Edwin Fischer Wesentliches ausgesprochen. Aus jeder Note Mozarts spricht ein überaus sensibler und feiner, liebevoller und zugleich männlich kraftvoller Charakter, der sich mit Erfindungsreichtum und einer vielleicht nur mit Bach vergleichbaren Meisterschaft äußert. Deswegen ist es aber auch so schwer, Mozarts Musik, bei der oft mit der geringsten Anzahl von Tönen Tiefstes ausgesagt wird, „richtig“ zu spielen. Technische Meisterschaft allein genügt nicht. Es muss dazu noch die Fähigkeit des Herzens kommen, Musik als eine Form echter, liebevoller Kommunikation mit den Mitmenschen zu empfinden und zu gestalten. Kein anderer klassischer Komponist überschrieb beispielsweise einen Satz mit dem Beiwort „amoroso“ (Mozarts Bezeichnung für das Andante der B-Dur-Sonate KV 281).

„Beethoven est superbe, mais Mozart est sublime“. Es wäre widersinnig, die Frage zu stellen, welcher von beiden der „Tiefere“ ist. Lange Zeit galt Beethoven als jener Komponist, der Transzendentes, Unsagbares zum Ausdruck brachte, vor allem in seinen letzten Werken.

In der Tat, in den Variationen seiner letzten Klaviersonate Opus 111 ist diese Tiefe „mit Händen zu greifen“ – jeder spürt es, Interpret wie Hörer. Mozarts Tiefgründigkeit hingegen ist unbegreiflich und daher viel schwerer zu erfassen. Man kann von diesem Geheimnis Mozart nur in Metaphern sprechen. Seine Sonaten schauen uns an wie der Blick eines Kindes, unergründlich, unauslotbar. Es ergeht uns mit ihnen ähnlich wie mit einem Goethe-Gedicht: Es ist einfach da, und man kann kaum fassen, dass es je einmal nicht existiert hat. Die Spontaneität und scheinbare Leichtigkeit von Mozarts Schaffen hat Generationen von Musikfreunden zu der Irrmeinung verführt, Mozart hätte ohne Anstrengung komponiert, „wie ein Vogel singt“. In Wirklichkeit steckt hinter dieser Schöpfung ein unendlich mühsamer, unermüdlicher Lern- und Arbeitsprozess. Ähnlich wie vor ihm Johann Sebastian Bach studierte Mozart zahlreiche Werke älterer und zeitgenössischer Meister und arbeitete ständig an der eigenen Vervollkommnung. Das Resultat dieser Kombination von gottgeschenktem Talent und fleißigst erworbener Meisterschaft hat niemand besser erkannt als Joseph Haydn: „ich sage ihnen vor gott, als ein ehrlicher Mann, ihr Sohn ist der größte Componist, den ich von Person und Nahmen nach kenne: er hat geschmack, und über das die größte Compositionswissenschaft“ (zitiert in einem Brief Leopold Mozarts an seine Tochter in Salzburg, 16. Februar 1785).

Es sind insgesamt 18 Klaviersonaten von Mozart überliefert. Sie entstanden in Mozarts reifen Jahren zwischen 1773/74 und 1789. Man fasst sie für gewöhnlich entsprechend der Erstausgaben in folgende Gruppen zusammen:
(1) Sechs Sonaten KV 279–284
(2) Drei Sonaten KV 309–311
(3) Drei Sonaten KV 330–332
(4) Sonate KV 333
(5) Fantasie und Sonate KV 475/457
(6) Die späten Sonaten KV 533/494, 545, 570, 576
Im Folgenden sollen alle 18 Sonaten aus meiner persönlichen Sichtweise kurz porträtiert werden.

II Die Sonaten

(1) Sechs Sonaten, KV 279-284

Komponiert in München, Anfang 1775

Diese Gruppe von sechs Sonaten, die Mozart selbst die „sechs schweren Sonaten“ nannte, spielte er öfters auf seiner Reise nach Augsburg, Mannheim und Paris 1777/78. Das für Mozart relativ späte Entstehungsdatum dieser ersten Gruppe von vollständig überlieferten Klaviersonaten erklärt, warum wir es hier bereits mit Meisterwerken zu tun haben. Allein schon die Tonartenfolge C-Dur, F-Dur, B-Dur, Es-Dur, G-Dur, D-Dur, aber auch das erkennbare Steigern des Schwierigkeitsgrades von der noch relativ einfachen C-Dur-Sonate KV 279 zur überaus virtuosen „Dürnitz-Sonate“ KV 284 lässt die Vermutung aufkommen, dass Mozart die damals beliebte Idee, einen Zyklus von sechs Sonaten zu veröffentlichen, in Sinn gehabt haben dürfte. Allerdings scheint dieser Plan nicht realisierbar gewesen oder jedenfalls nicht weiter verfolgt worden zu sein: es erschien zu Mozarts Lebzeiten nur die sechste Sonate (die „Dürnitz-Sonate“) im Druck, diese allerdings mehrfach.

Mozart, Wolfgang Amadeus

Klaviersonate C-dur KV 279 (189d)

Urtextausgabe, broschiert, 7,50 €

Schwierigkeitsgrad (von 1–9): mittel 5–6

YouTube-Empfehlung: Mitsuko Uchida, Satz 1

In dieser C-Dur-Sonate sind es besonders das schöne lyrische Andante und der frische, an Haydn erinnernde Finalsatz, die die Sonate liebenswert machen, während der erst Satz mit seinen stark figurierten und präludierenden Elementen noch nicht den Melodiereichtum zeigt, der die späteren Sonaten auszeichnet. Der Aufbau ist transparent und einfach, und eine Überraschung bietet nur die Neuanordnung der Themen in der Reprise nach einer relativ ausgedehnten Durchführung. Alle drei Sätze stehen in Sonatenform. Im Finale stimmt der zweite Gedanke, mit dem auch die Durchführung beginnt, rhythmisch mit dem Finalsatz-Motiv von Haydns F-Dur-Sonate Hob. XVI/23 überein – ein Grund für die Annahme, dass Mozart Joseph Haydns sogenannte Kurzböck-Sonaten gekannt haben dürfte.

Mozart, Wolfgang Amadeus

Klaviersonate F-dur KV 280 (189e)

Urtextausgabe, broschiert, 7,00 €

Schwierigkeitsgrad (von 1–9): mittel 5

YouTube-Empfehlung:  Grigory Sokolov, Satz 1-3

ERSTER SATZ   Die zweite Sonate im Zyklus, deren Sätze ausnahmsweise alle in einem Dreiertakt stehen, zeigt schon im Hauptthema des ersten Satzes trotz der Tempovorschrift Allegro assai Cantabilität und italienische Elemente, die gerade für den jungen Mozart besonders typisch erscheinen, nämlich die Seufzer-Vorhalte in Takt 5 und 6 sowie das ausgeschriebene Rubato in Takt 8. Mozarts F-Dur-Sonaten KV 332 und KV 546 (letztere ursprünglich für Klavier und Violine geschrieben) haben manches mit der Stimmung in diesem Satz der Sonate KV 280 gemeinsam. Die Tonart F-Dur dürfte Mozart also wohl gewisse charakteristische Ideen eingegeben haben, auch wenn sich rein zeitlich gesehen hier ein sehr weiter Bogen spannt. Besonders reizvoll ist der Gegensatz innerhalb der Hauptthemengruppe zwischen den Achtel- und den Sechzehntel-Bewegungen in den ersten 12 Takten und den durchgehenden Triolen in den darauffolgenden 14 Takten.

ZWEITER SATZ   Einen der schönsten Sätze im gesamten Zyklus stellt der Mittelsatz dieser Sonate dar, ein f-Moll-Adagio im Siziliano-Rhythmus. Hier wird die zeitliche Nähe zur sogenannten „kleinen“ g-Moll-Sinfonie KV 183 spürbar. Aber noch deutlicher erkennbar ist die Verwandtschaft mit Haydns Mittelsatz der F-Dur-Sonate Hob. XVI/23, ebenfalls im Siziliano-Rhythmus und in der gleichen Tonart f-Moll komponiert – die Anklänge im Thema sind unüberhörbar. Bei der Fortsetzung des Satzes drängt sich ebenfalls der Vergleich zwischen Haydn und Mozart auf: In beiden Stücken löst sich die ursprüngliche Siziliano-Klage in eine innige As-Dur-Melodie mit durchgehender Bewegung in der Begleitung auf. Aber bei Mozart sind es ruhige, gleichmäßige Sechzehntel, während es sich bei Haydn um etwas lebhaftere Triolen handelt. Mozarts Fluss ist dadurch ebenmäßiger und auch in diesem Dur-Teil persönlicher und trauriger in der Aussage – bereits ein echt zu Herzen gehendes, individuelles Bekenntnis. Nicht nur die Tempoanweisung Adagio zeigt, dass es sich bei Mozart um die ernste Form des „venezianischen Sizilianos“ handelt (ein berühmtes, früh entstandenes Beispiel für diesen „Siziliano“-Typ ist Bachs Arie „Erbarme Dich…“ aus der Matthäuspassion); und damit spannt sich eine Brücke von diesem Anfangsthema Mozarts zu dem unendlich traurigen Mittelsatz des A-Dur-Konzerts KV 488.

DRITTER SATZ   Das Finale führt dann wieder in die fröhliche Stimmung des Stirnsatzes von KV 281 zurück. Es ist ein Presto im Dreiviertel-Takt, das erneut an Haydn erinnert, auch wenn es im Verhältnis zu den Haydn’schen Vorbildern pianistisch feiner und kontrastreicher konzipiert wirkt und der Satz auch ausgedehnter ist als die meisten Haydn-Stücke dieser Art.

Mozart, Wolfgang Amadeus

Klaviersonate B-dur KV 281 (189f)

Urtextausgabe, broschiert, 8,00 €

Schwierigkeitsgrad (von 1–9): mittel 5–6

YouTube-Empfehlung: Vadim Chaimovich, Satz 1–3

ERSTER SATZ   Diese Sonate ist ein relativ unbekanntes, aber bezauberndes Werk. Sie steht in jener Tonart, die Mozart für Klavierwerke mehr als alle anderen geschätzt zu haben scheint – gibt es doch gleich drei Klaviersonaten und nicht weniger als vier Klavierkonzerte und sechs Sonaten für Klavier und Violine in B-Dur! Reizvoll ist der Kontrast zwischen Sechzehntel-Triolen und Zweiunddreißigstel-Noten im Thema des ersten Satzes. Diese Sonate kommt übrigens besonders gut auf Hammerflügeln der Zeit Mozarts mit ihrem zarten, klaren und obertonreichen Klang zur Geltung. Wenn sie auf einem modernen Klavier gespielt wird, besteht die Gefahr, dass die Durchsichtigkeit des Klanges und die vorgeschriebene, kleingliedrige und lebhafte Artikulation verlorengehen.

ZWEITER SATZ   Der Mittelsatz der Sonate gehört zu den anmutigsten Stücken des jungen Mozart. Die Tempovorschrift hieß im Autograph ursprünglich Andantino, sie wurde von Mozart in Andante amoroso geändert, eine Anweisung, deren Befolgung die zarte und innige Stimmung erzeugt, die so gar nichts mit einer pathetischen Leibeserklärung zu tun hat. Gefühlvolle „Seufzer“ wechseln mit zarten Cantabile-Melodiephrasen.

DRITTER SATZ   Meisterhaft gestaltet ist auch das schöne Schlussrondo im Gavotten-Rhythmus, weniger filigran als die vorhergehenden Sätze, dafür aber voll fröhlicher Laune und prachtvoller Effekte, wie etwa jenem, der bei der Wiederkehr des Themas durch die Triller-Begleitung in Takt 114 ff. entsteht. Das Thema dieses Rondos ist übrigens zweiteilig, wobei der zweite Teil eine „veränderte Reprise“ im Sinne Carl Philipp Emanuel Bachs, also eine variierte Wiederholung des ersten Teils ist. Die italienischen, in Mannheim beliebten „Seufzer“ im dritten Takt des Themas tauchen in der ersten Episode wieder auf. Es folgt als nächstes eine Moll-Episode, die vor allem in ihrem zweiten Teil einen Wehmuts-Gedanken in das heitere Geschehen bringt, während die dritte Episode das graziöse Spiel durch einen dramatisch zerlegten verminderten Septakkord im forte (Takt 102 104) unterbricht. Mit einer heiter-zierlichen Coda schließt der Satz, der nicht nur formal mit den Finalsätzen der Sonaten KV 332 und KV 570 und des Konzerts KV 238 verwandt ist.

Mozart, Wolfgang Amadeus

Klaviersonate Es-dur KV 282 (189g)

Urtextausgabe, broschiert, 7,50 €

Schwierigkeitsgrad (von 1–9): mittel 5

YouTube-Empfehlung: Samuel Feinberg, Satz 1

ERSTER SATZ   Diese Sonate fällt dadurch auf, dass sie – ebenso wie KV 331 – nicht mit einem lebhaften oder schnellen Satz beginnt, immerhin allerdings anders als die A-Dur-Sonate mit einem Satz in Sonatenform, einem lyrischen Adagio, das mit einem ausdrucksvollen dreitaktigen Thema in polyphon geführtem dreistimmigen Satz anfängt. Dieser Gedanke fehlt in der Reprise und kehrt erst in der Coda wieder. Der „Themen“-Nachsatz ist ein zwar andersgearteter, aber ebenfalls melodiöser Gedanke, der zweimal auf verschiedenen Stufen wiederholt wird und danach zu einem Halbschluss auf der Dominante führt. Ein graziöses „Seitenthema“ (wenn man es so nennen will) setzt in Takt 9 ein. Es ist eigentlich nur ein zweiteiliges Motiv, das wiederholt wird, um unmerklich in die Schlussgruppe zu gleiten. Die kurze Durchführung beginnt mit dem abgewandelten Kopfmotiv und einem spannungsgeladenen Sekundakkord, dem zwei dramatisch wirksame kurze Crescendo-Steigerungen folgen. Trotz seiner kleinen Dimensionen ist dieser Satz ein echtes, meisterhaftes Mozart’sches Stück, formvollendet und ausdrucksvoll. Mozart hat ihn selbst auch ungewöhnlich sorgfältig mit Artikulationszeichen und dynamischen Hinweisen versehen, die natürlich Beachtung verdienen, wobei allerdings nicht vergessen werden darf, dass die Lautstärke dem zur graziösen Rokoko-Zeit üblichen Rahmen angepasst werden sollte.

ZWEITER SATZ   Diesem lyrischen Adagio folgt als Kontrast ein fröhliches Menuett, dessen Trio – als Menuett II bezeichnet – verhältnismäßig ausgedehnt ist und etwas für Mozart selten „Urwüchsig-Volkstümliches“ zeigt, womit es deutlich an österreichische Tanz-Traditionen anknüpft. (Auch Beethoven hat übrigens in seiner Sonate op. 49 Nr. 2 oder in seinem Septett op. 20 ähnliche Menuette geschrieben).

DRITTER SATZ   Der letzte Satz, ein lebhaftes, frisches, aber doch graziöses Allegro im Zweivierteltakt und in Sonatenform beschließt diese originelle und trotz ihres bescheidenen Umfanges zu Recht als Meisterwerk geltende Sonate.

Mozart, Wolfgang Amadeus

Klaviersonate G-dur KV 283 (189h)

Urtextausgabe, broschiert, 7,50 €

Schwierigkeitsgrad (von 1–9): mittel 5–6

YouTube-Empfehlung: Daniel Barenboim, Satz 1-3 

ERSTER SATZ   Wiederum neue musikalische und pianistische Ideen bringt die besonders beliebte fünfte Sonate in der ländlich-fröhlichen Tonart G-Dur. Die einfallsreiche Vielfalt in der Melodiegestaltung dieser Sonate ist für Mozart ebenso charakteristisch wie der klare Aufbau der Sonatenform im ersten Satz, das in eine abschließende Sechzehntel-Bewegung übergeht. Vor allem auf einem Hammerflügel der Mozartzeit klingt der anschließende Unisono-Lauf (Takt 16 22) brillant und volltönig wie ein Tutti und stellt einen Klangeffekt dar, den Mozart in der verzierten Wiederholung „auskostete“ – ein Effekt, den er auch später noch gerne verwendet hat (zum Beispiel in den Variationen über ein Thema von Gluck KV 455, oder im G-Dur Klavierkonzert KV 453/I, erste Kadenz).

ZWEITER SATZ   Das schlichte Andante in C-Dur ist satztechnisch nicht anspruchsvoll, doch ist es nicht leicht zu gestalten, da die vielen Tonwiederholungen eine subtile dynamische Schattierung verlangen. Im Gegensatz zum Stirnsatz, der anstelle einer Durchführung nur einen neuen Gedanken und eine längere Überleitung zur Reprise bringt, hat der zweite Satz eine im Sinne des 19. Jahrhunderts „echte Durchführung“, die den Themenkopf erst in der Oberstimme (in d-Moll und C-Dur) und dann im Bass bringt.

DRITTER SATZ   Ein sprühendes, quicklebendiges Presto-Finale in Sonatenform beschließt diese hübsche Sonate.

Mozart, Wolfgang Amadeus

Klaviersonate D-dur KV 284 (205b)

Urtextausgabe, broschiert, 12,00 €

Schwierigkeitsgrad (von 1–9): mittel 6

YouTube-Empfehlung: Claudio Arrau, Satz 1–3

Diese Sonate ist von Mozart für einen Freiherrn Thaddäus von Dürnitz geschrieben worden; sie wird daher oft als „Dürnitz-Sonate“ bezeichnet. Der Flöte und Klavier spielende Baron blieb Mozart allerdings die übliche Remuneration schuldig, weshalb Mozart die Sonate später mit einer Widmung an die Gräfin von Cobenzl veröffentlichte.

ERSTER SATZ   Diese sechste Sonate ist zweifellos das bedeutendste und brillanteste Werk im Zyklus. Sie ist auch sicher jene Sonate, von der Mozart seinem Vater schrieb, dass sie auf den Hammerklavieren von Stein in Augsburg „so unvergleichlich herauskommt“. Etwa anderthalb Seiten einer ersten Niederschrift des Beginns mit leicht abweichender Thematik strich Mozart durch und begann auf derselben Seite die endgültige Fassung zu notieren. Zum ersten Mal zeigt sich in diesem Klavierwerk in der Themenanlage ein Zug ins Große, ins Orchestrale. Die Tremoli in den Takten 13 16 ebenso wie der unisono-Charakter des Hauptgedankens klingen fast wie der Klavierauszug eines imaginären Orchester-Tuttis. Auch im weiteren Verlauf des Satzes ist deutlich ein Gegensatz zwischen Tutti und Solo zu erkennen. Bemerkenswert ist das zarte, einstimmig beginnende Seitenthema (Takt 22 ff.), das eine jener harmonischen Lieblingsformeln beinhaltet, die Barock und Klassik verbinden, nämlich absteigende Sextakkorde („Gegenstücke“ sind zum Beispiel das Seitenthema des zweiten Satzes aus Bachs „Italienischem Konzert“ oder das Seitenthema in Glucks Ouvertüre zu „Iphigenie auf Tauris“). Darauf erfolgt erneut ein Tutti-Einwurf (Takt 30 ff.). In der Durchführung wird ein weiter Kreis von Moll-Tonarten berührt, bevor (in Takt 72) die Reprise einsetzt.

ZWEITER SATZ   Den zweiten Satz, ein Andante, bezeichnete Mozart als „Rondo en Polonaise“. Wie im ersten Satz der vorhergehenden G-Dur-Sonate haben im Thema dieses Rondeaus die Anfangstakte dialogartigen Charakter und es ist reizvoll zu sehen, in welcher Weise Mozart diese vier Takte im Laufe des Satzes koloriert und variiert. Die Kontrastwirkungen dieser Rede und Gegenrede wird in diesem Satz noch durch sorgfältige dynamische Vorschriften unterstrichen.

DRITTER SATZ   Das Finale dieser Sonate ist ein virtuos fröhlicher Variationen-Satz im Gavotte-Rhythmus, der – bis auf die Adagio-Variation – wie das Rondeau tanzartigen Charakter zeigt. Mozarts besondere Kunst der Variierung zeigt sich hier von der brillantesten Seite. Man wird zudem an das Wort Edwin Fischers erinnert, „Mozart müsse wohl Champagner in den Adern“ gehabt haben. Unser spezielles Interesse verdient die Adagio-Variation, die im Autograph in einer relativ wenig verzierten Fassung steht und von der wir annehmen können, dass Mozart sie beim eigenen Vortrag der Sonate je nach Lust und Laune auszierte. Eine dieser Auszierungen erschien noch zu Mozarts Lebzeiten (1784) in Wien im Druck und lehrt uns, wie Mozart ornamentierte. Sie stammt nämlich sicherlich von Mozart, denn es ist keineswegs anzunehmen, dass die verzierte Version des Erstdrucks vom Stecher des Wiener Verlegers Torricella komponiert wurde. Auch bei den übrigen Sätzen dieser Sonate lässt sich ja feststellen, dass Mozart sie für die Drucklegung überarbeitete und mit genauen dynamischen Angaben versah. Da die ornamentierte Erstdruck-Fassung der unverzierten Autograph-Version vorzuziehen ist, sollte sie stets (und übrigens nie zu langsam!) gespielt werden.

(2) Drei Sonaten, KV 309–311

Die beiden Sonaten KV 309 (284b) und KV 311 (284c) sind 1777 vermutlich in Mannheim entstanden. Die außerordentliche Sonate in a-Moll in Paris 1778. Diese drei Sonaten haben gegenüber den früheren einen etwas ruhigeren Duktus, sie sind sozusagen „klassische“ geworden.

Mozart, Wolfgang Amadeus

Klaviersonate C-dur KV 309 (284b)

Urtextausgabe, broschiert, 10,50 €

Komponiert in Mannheim 1777

Schwierigkeitsgrad (von 1–9): mittel 5

YouTube-Empfehlung: Lili Kraus, Satz 1–3

ERSTER SATZ   Der erste Satz dieser Sonate in C-Dur ist geradezu ein Muster einer regelgetreuen „Lehrbuch“-Sonatenform. Mit der Sonatenform ist es ja ähnlich wie mit den Fugen Bachs: es gibt in den Werken der Meister keine formalen Schemata, sondern jede Sonate wandelt eine geeignetes formales Grundprinzip neu ab. Mozart hat es dabei – anders als der erfinderfreudige Haydn – verstanden, an gewissen Grundideen streng festzuhalten und trotzdem nicht in der Freizügigkeit seines Schaffens gehindert zu sein. Es gibt zum Beispiel keine einzige Sonate in einer Dur-Tonart, deren Seitenthema nicht auch tatsächlich als „Thema“ (allerdings im weitesten Sinn des Wortes) bezeichnet werden kann und das in einer anderen Tonart als der Dominate steht. Eine kurze Formanalyse mag angebracht sein um zu zeigen, wie ein „klassischer“ Sonatensatz Mozarts gebaut ist, und der erste Satz der Sonate KV 309 ist wie kein anderer dazu geeignet. Das Hauptthema, das mit einem markanten Themenkopf beginnt, dem eine „Antwort“ von vier Takten folgt, ist deutlich erkennbar. Das Motiv der fallende Quarte und aufsteigenden Sexte ist ein Lieblingsgedanke Mozarts, den er oft in Dur oder in Moll verwendete und mit dem viele seiner Themen beginnen (zum Beispiel Sonate KV 311, das h-Moll-Adagio KV 540, die Symphonien KV 114, 124 und 319/II, KV 551/II usw.). Die sieben Takte des Themas werden – wie so oft in dieser Zeit – leicht variiert noch einmal gebracht, und eine Art Abgesang schließt die erste Themengruppe in Takt 21 ab. Ein neuer Gedanke dient als Überleitung, dem in Takt 35, ähnlich wie im ersten Satz der Sonate KV 545, nach zwei Takten Vorbereitung ein zweites kantables Thema in der Dominanttonart G-Dur folgt, das aus 2 x 4 Takten besteht, also ebenfalls wiederholt wird und in eine temperamentwolle Schlussgruppe mit Passagenwerk übergeht (Takt 43), wobei der Takt 45 eine reizvolle Diminution der Takt 35/36 bringt. Fünf Takte einer „Codetta“ beschließen die Exposition. Die Durchführung bringt den Themenkopf zunächst in g-Moll und verarbeitet dann die verschiedenen Gedanken des Hauptthemas wie es zwar den Lehrbuchregeln einer Sonatenform entspricht, bei Mozart in der Praxis aber gar nicht so häufig vorkommt. Nach zweimaliger Zitierung des Themenkopfes setzt dann in Takt 94 die Reprise endgültig ein, wobei als Überraschung der Stimmtausch im einfachen Seitenthema geboten wird. Der Satz schließt nach einer nochmaligen Anführung des Themenkopfes mit einer wirkungsvollen Schlussbekräftigung.

ZWEITER SATZ   Der zweite Satz dieser Sonate ist ein inniges Andante un poco adagio, und auf ihn bezieht sich höchstwahrscheinlich eine Bemerkung Mozarts, er habe „das Andante ganz nach dem Charakter der Mademoiselle Rose Cannabich“ machen wollen. „Wie das Andante, so ist sie … ein sehr schönes artiges Madl. Sie hat für ihr alter sehr viell vernunft und gesetztes weesen; sie ist seriös, redet nicht viell, was sie aber redet, geschieht mit anmuth und freundlichkeit“.

DRITTER SATZ   Ein graziöses, hübsches einfach fließendes Rondo beschließt diese Sonate.

Mozart, Wolfgang Amadeus

Klaviersonate D-dur KV 311 (284c)

Urtextausgabe, broschiert, 11,00 €

Komponiert in Mannheim, wahrscheinlich 1777

Schwierigkeitsgrad (von 1–9): mittel 5–6

YouTube-Empfehlung: Christoph Eschenbach, Satz 2

ERSTER SATZ   Die D-Dur-Sonate KV 311 zeigt im ersten Satz gewisse Verwandtschaften zur älteren D-Dur-Sonate, der „Dürnitz-Sonate“. Auch hier ist der erste Satz ein orchestrales „brio“. Diese Sonate atmet wie die vorhergehende in C-Dur Mannheimerische Spielfreude und Fröhlichkeit. Eine Überraschung ist die Abweichung zwischen dem Ganzschluss in Takt 37 und dem Trugschluss in Takt 110.

ZWEITER SATZ   Der zweite Satz kann formal als „Sonatenform-Satz ohne Durchführung“ bezeichnet werden. Das liedartige Thema besteht aus elf Takten (4+3+4). Es folgt ihm eine Episode, und danach überrascht anstelle eines kontrastierenden Seitenthemas eine wunderbar variierte Wiederkehr des Themas in D-Dur in Takt 25. Die Reprise setzt dann in Takt 39 ein.

DRITTER SATZ   Der Schluss-Satz ist eines jener „Jagd-Rondos“ im 6/8-Takt, wie sie Mozart liebte und wie wir sie so oft in den Klaviersonaten (KV 576) wiederfinden.

Mozart, Wolfgang Amadeus

Klaviersonate a-moll KV 310 (300d)

Urtextausgabe, broschiert, 7,50 €

Komponiert in Paris 1778

Schwierigkeitsgrad (von 1–9): schwierig 6-7

YouTube-Empfehlung: Arthur Schnabel
Satz 1
Satz 2 
Satz 3

Mit der a-Moll-Sonate wird plötzlich ein Abgrund aufgerissen. Alfred Einstein dürfte recht gehabt haben, wenn er annahm, dass diese Sonate unter dem Eindruck des Todes der Mutter in Paris entstanden sein muss und wenn er damit die in dieser Sonate ausgedrückte Tragik erklärt.

ERSTER SATZ   Allegro maestoso ist der erste Satz überschrieben, und er beginnt auch mit einem wahrhaft majestätischen Thema. Früher galt ja der punktierte Rhythmus als Symbol des Majestätischen und wurde von Mozarts Zeitgenossen als solches verstanden. Die unerbittlich klopfenden Akkorde der orchestralen Begleitung freilich zeigen keine festliche, sondern viel eher eine dämonische, düstere Majestät: Ein ständiges Hin und Her zwischen Aufbäumen und Resignation oder Verzweiflung charakterisiert diesen ersten Satz. Die Vorschlagsnoten im 2. und 4. Takt des ersten Thema sind sicherlich jeweils „lang“ zu nehmen. Anstelle eines zweiten Themas steht (ab Takt 23) eine durchgehende Sechzehntel-Bewegung, der eine polyphonierende Zweistimmigkeit in der linken Hand ab Takt 28 folgt. Die letzten fünf Takte der Exposition bringen nochmals den punktierten Rhythmus des Hauptgedankens. In der Durchführung bricht dann ein Sturm los, wie er nicht seinesgleichen hat, weder bei Mozart noch in der Klaviermusik seiner Zeit. Ganz ungewöhnlich ist dabei der vorgeschriebene dynamische Kontrast zwischen ff und pp und danach wieder ff, wie Mozart ihn für die drei Wellen der Durchführung vorzeichnete. Spezielle Beachtung verdienen zwei verminderte Septimenakkorde in Takt 126/127, die in der Klassik-Epoche immer Ausdruck höchster Tragik und Erschütterung bedeuteten.

ZWEITER SATZ   Wunderbar ist dann der milde Trost, das ruhige „Schreiten der Grazien“ im zweiten Satz dieser Sonate, ein Andante cantabile con espressione in F-Dur, das mit Würde zu spielen ist. Trotz einer lyrischen Grundstimmung vermittelt dieser ausdrucksvolle Satz etwas leidenschaftlich-Großartiges und ist somit weit entfernt von der warmen und graziösen Innigkeit anderer Mittelsätze in einer Dur-Tonart. Ein zweites Thema (ab Takt 15) erinnert mit seinen Tonwiederholungen im Aufbau übrigens deutlich an das Seitenthema im zweiten Satz der Symphonie KV 201. Die großartige Steigerung in der Durchführung mit dem Höhepunkt in Takt 43-49 erweckt natürlich Reminiszenzen an die Durchführung des ersten Satzes. Umso schöner ist dann die Rückkehr zum trostreichen Hauptthema und zur Reprise.

DRITTER SATZ Der dritte Satz führt wieder in die düstere Stimmung des ersten Satzes zurück, nur dass er anstelle der orchestralen Dramatik nur eine im presto-Tempo dahinhuschende schattenhafte Darstellung des tragischen Grundaffekts gibt. Anders als Beethoven kennt Mozart in den Finali seiner Moll-Sonaten und Symphonie nicht oder nur selten die Befreiung in strahlendes Dur, die Überwindung der Tragik durch die Freude. Schicksalshaft kehren die meisten seiner Moll-Stücke nach Dur-Episoden in die Stimmung des Anfangs zurück. So ist es auch hier. Dieser Presto-Satz ist eines der düstersten Stücke, die Mozart je geschrieben hat, mit einem merkwürdigen Wechsel von Aufbäumen und Verzweiflung. Nur einmal wird in diesem Satz eine subtil zarte, lichte Vision der Seligkeit in A-Dur, eine Fata Morgana, kurz sichtbar; danach kehrt die Stimmung der Verzweiflung und Resignation vom Anfang zurück. Trotzig und energisch schließt der Satz in a-Moll.

(3) Drei Sonaten KV 330–332

Die nächsten drei Sonaten KV 330–332 (300h, 300i, 300k), bis vor kurzem irrtümlich mit „Paris 1778(?)“ datiert, sind gemäß Papier- und Handschriften-Untersuchungen erst 1783 entstanden. Inzwischen war es zum Bruch zwischen Mozart und dem Salzburger Fürsterzbischof gekommen, Mozart hatte sich bereits selbständig in Wien niedergelassen, von seinem Vater emanzipiert und geheiratet.

Mozart, Wolfgang Amadeus

Klaviersonate C-dur KV 330 (300h)

Urtextausgabe, broschiert, 7,50 €

Komponiert wahrscheinlich 1783

Schwierigkeitsgrad (von 1–9): mittel 6

YouTube-Empfehlung: Clara Haskil, Satz 2

ERSTER SATZ  Es überrascht nicht allzu sehr, dass die C-Dur-Sonate KV 330 in vieler Hinsicht einen starken Gegensatz zur vorhergehenden a-Moll-Sonate darstellt, bedenkt man die biographische Situation Mozarts. Abgesehen vom dunkleren f-Moll-Mittelteil des zweiten Satzes ist nichts mehr von der Düsterkeit der Stimmung der a-Moll-Sonate zu spüren, der erste Satz ist geradezu in übertriebene, übermütige Fröhlichkeit getaucht.

ZWEITER SATZ   Einer der schönsten aller Mozart’schen Andante-Sätze ist dann das nachfolgende Andante cantabile in F-Dur mit seinem wunderbaren f-Moll-Mittelteil und der feinen kontrapunktisch geführten Stimmführung des As-Dur-Teiles dieser Episode. Die letzten vier Takte stehen noch nicht im Autograph, sie wurden vermutlich von Mozart erst für den Erstdruck hinzukomponiert und runden den Satz auf bezaubernde Art ab.

DRITTER SATZ Der dritte Satz ist ein heiteres Allegretto in Sonatenform, dessen Thema wie in einem Klavierkonzert zwischen „Solo“ und „Tutti“ alterniert. Wie im ersten Satz führt die Durchführung ein neues Thema ein, das hier volksliedhaften Charakter zeigt. Man könnte den Text eines Wiener Scherzliedes Wort für Wort daruntersetzen: „unsre Katz hat Junge kriegt / siebne, achte, neune / ‘sletzte hat kein Schwanz net g’habt / Sieht man hinten eine …“

Mozart, Wolfgang Amadeus

Klaviersonate A-dur KV 331 (Alla Turca)

Urtextausgabe, broschiert, 8,00 €

Komponiert wahrscheinlich 1783

Schwierigkeitsgrad (von 1–9): mittel 5-6

YouTube-Empfehlung: Wilhelm Backhaus, Satz 1–3

ERSTER SATZ  Schon früh war die A-Dur-Sonate KV 331 eines der beliebtesten Stücke Mozarts. Sie beginnt mit einem Variationssatz über ein inniges Andante grazioso-Thema und unterscheidet sich so durch das Fehlen eines Satzes in Sonatenform von allen übrigen Sonaten. Auch die Beibehaltung der gleichen Grundtonart in allen drei Sätzen lässt formal eher an ein Divertimento als an eine Sonate denken. Sonatenhaft hingegen sind die vielen melodischen und satztechnischen Entsprechungen zwischen den einzelnen Sätzen. Es ist wohl kein Zufall, dass der Schluss des Variationen-Themas notengleich am Ende des Menuetts, dass an Stelle eines langsamen Mittelsatzes steht, zitiert wird, dass das Überkreuzen der Hände in der vierten Variation des Stirnsatzes seine Entsprechung im Menuett-Trio des dritten Satzes bereits in der dritten Variation des Stirnsatzes vorweggenommen wird und ebenso das lautstarke Ritornell des Rondos in der (6.) Schlussvariation des ersten Satzes bereits anklingt.

ZWEITER SATZ  Der zweite Satz, ein Menuett, beginnt – ungewöhnlich - mit zwei fünftaktigen Perioden. Solche Abweichungen vom üblichen Viertakt-Schema, selbst in Tanzsätzen, gehören jedoch zu Mozarts besonderen Stil-Eigenheiten.

KV 331, Alla turca DRITTER SATZ  Der dritte Satz, mit „Alla Turca“ überschrieben, ist ein Marsch in einer Art Rondo-Form, der durch die Bevorzugung der Moll-Tonarten (am Beginn wird von a- nach c-Moll, später von fis- nach cis-Moll moduliert) exotisches Kolorit schafft. Im A-Dur-Ritornell imitiert Mozart auf köstliche Art den Schlagzeug-Charakter der Janitscharen-Musik, jener türkischen Musik, die unserer europäischen Militärmusik als Modell diente. Dabei nahm Mozart eine spätere Wiener Erfindung im Klavierbau vorweg, das „türkische“ Schlagzeug-Pedal, mit dessen Hilfe eine eingebaute Schlagwerk-Batterie zum Klingen gebracht werden kann. Der Effekt ist ähnlich dem, der in der Ouvertüre zur „Entführung aus dem Serail“ vorkommt.

Mozart, Wolfgang Amadeus

Klaviersonate F-dur KV 332 (300k)

Urtextausgabe, broschiert, 10,50 €

Komponiert wahrscheinlich 1783

Schwierigkeitsgrad (von 1–9): mittel 6

YouTube-Empfehlung: Ingrid Haebler, Satz 1–3

ERSTER SATZ   Die F-Dur-Sonate KV 332 beginnt ähnlich wie die F-Dur-Sonate KV 280 im Dreivierteltakt. Das kantable Anfangs-Thema dehnt sich im Nachsatz ungewohnt aus und wird von einer Fülle melodiöser Gedanken gefolgt, von denen manche an Haydn erinnern (Takt 13 ff.). An diesem Satz lässt sich wieder einmal keine Lehrbuch-Analyse demonstrieren, obwohl die Hauptmerkmale der Sonatenform wie die Dreiteilung in Exposition, Durchführung und Reprise natürlich vorhanden sind und auch der Tonarten-Plan annähernd zutrifft – sieht man von der stürmischen d-Moll-Passage und der Modulation nach c-Moll vor dem Eintritt des „Seitenthemas“ im regulären C-Dur ab. Aber eine Fülle origineller Einfälle, wie die Hemiolen-Bildung in Takt 64/65, der Beginn der Durchführung mit einem neuen thematischen Gedanken, etc., zeugen von Mozarts Freiheit in der Anwendung der Sonatenform.

ZWEITER SATZ   Im darauffolgenden Adagio in B-Dur zeigt sich Mozarts Kunst im Variieren der Wiederholungen. Wie so oft hat er gerade bei solchen Sätzen noch kurz vor der Drucklegung einige ornamentale Bereicherungen angebracht. Eine zweimalige dramatische Moll-Wendung bringt eine ernste, fast tragische Note in diesen sonst eher idyllischen Satz.

DRITTER SATZ   Der ungewöhnlich ausgedehnte Schluss-Satz in Sonatenform ist einer der virtuosesten und schwierigsten Klavierstücke Mozarts. Allein an der Setzweise dieses Satzes kann man erkennen, dass Mozart der größte Pianist seiner Zeit gewesen sein muss. Der 6/8-Takt-Rhythmus nimmt so manche Passage der späteren „Jagdfinale“ einiger Klavierkonzerte (zum Beispiel KV 450, 456, 482) vorweg.

Mozart, Wolfgang Amadeus

Klaviersonate B-dur KV 333 (315c)

Urtextausgabe, broschiert, 11,00 €

Komponiert im November 1783

Schwierigkeitsgrad (von 1–9): mittel 6

YouTube-Empfehlung: Vladimir Horowitz, Satz 2

(4) Sonate B-dur KV 333 (315c)

Mozartporträt

Diese Sonate führt uns erneut in lyrische Bereiche, wie schon durch die Wahl der Tonart B-Dur angedeutet wird. Der erste Satz beginnt mit einer wunderbar kantablen Themengruppe, wie sie nur Mozart schreiben konnte. Es ist bemerkenswert, dass der dritte und vierte Takt des Themas eine variierte Sequenzierung der beiden Anfangstakte darstellt. Ein italienischer Zeitgenosse oder auch Johann Christian Bach (in vieler Hinsicht ein Vorbild für den junge Mozart) hätte wohl einfach den Anfang wörtlich eine Stufe tiefer wiederholt – es hätte immer noch gut geklungen. Durch Mozarts Variierung und durch den unglaublichen Reichtum an nachfolgenden melodischen Einfällen entsteht erst dieses Wunder eines Satzes, der zu den schönsten Sonaten der Klavierliteratur zählt. Wie einfach erscheint im Verhältnis dazu die streng strukturierte Beethoven-Sonate op. 22 in der gleichen Tonart und etwa den gleichen Dimensionen! Beethoven konstruierte seinen ersten Satz aus nur wenigen Motiven, während bei Mozart mindestens zehn verschiedene motivische Einfälle allein schon in der Exposition nachweisbar sind, die aber so organisch ineinander fließen, dass die „große Linie“ nie abreißt. Dieses scheinbar mühelose Dahinfließen nimmt in mancher Hinsicht Schuberts Melodiefülle und seine „himmlische Länge“ vorweg.

Mozartporträt 5

Mozart, Wolfgang Amadeus

Fantasie und Sonate c-moll KV 475/457

Urtextausgabe, broschiert, 14,00 €

Komponiert in Wien 1784

Schwierigkeitsgrad (von 1–9): mittel 6

YouTube-Empfehlung: András Schiff, Satz 2

(5) Fantasie und Sonate c-Moll KV 475 und 457

Nach Fertigstellung der Sonate KV 333 erfolgte eine etwa einjährige Pause in Mozarts Sonaten-Schaffen, bedingt durch die Komposition mehrerer Klavierkonzerte, die Mozart in seinen anfangs sehr erfolgreichen Subskriptions-Konzerten in Wien aufführte und von denen gerade 1783/84 kurz hintereinander fünf Konzerte entstanden (KV 449, 450, 451, 453 und 456). Es ist daher kein Wunder, dass der Klaviervirtuose, der sich auf dem Podium durch Brillanz auszeichnen musste um Erfolg zu haben, seine Virtuosität auch in den Sonaten nicht verleugnet. Was jedoch die c-Moll-Sonate so sehr als allen anderen heraushebt, ist eine völlig neue Sprache und ein erschütternder Ausdruck subjektiver Tragik. Diese Sonate steht am Beginn einer neuen Epoche im Leben Mozarts und ist jenes Werk, das auf die Zeitgenossen und unmittelbaren Nachkommen, vor allem auf den jungen Beethoven, den tiefsten Eindruck gemacht hat. Sie ist – sieht man von Haydns doch sehr anders gearteten c-Moll-Sonate Hob. XVI/20 ab – die erste große monumentale Klaviersonate, die nicht nur für den Salon geschrieben ist, sondern auch „in großen Rahmen“ erklingen kann und soll. Ihr Inhalt ist zutiefst tragisch. Dies wirkt überraschend, wenn man den Zeitpunkt der Komposition bedenkt, denn im Jahre 1784 stand Mozart am Gipfel seines äußeren Erfolges in Wien. Er gab in diesem Jahr mehr als 20 ausverkaufte Konzerte, in denen er eigene Werke spielte. Selbst heute, im Zeitalter des „Konzertbetriebs“ kommt es äußerst selten vor, dass ein Virtuose oder gar ein Komponist in einer Stadt 20-mal hintereinander auftritt – und doch muss sich gerade in dieser Zeit jene innere und äußere Tragödie im Leben Mozarts angebahnt haben, die dazu führte, dass er schließlich im Elend gestorben ist. Die c-Moll-Sonate eröffnet die Reihe jener tragischen Moll-Werke der Wiener Jahre Mozarts, die mit dem unvollendeten Requiem 1791 ihren Abschluss fand.

Nach Fertigstellung der Sonate KV 333 erfolgte eine etwa einjährige Pause in Mozarts Sonaten-Schaffen, bedingt durch die Komposition mehrerer Klavierkonzerte, die Mozart in seinen anfangs sehr erfolgreichen Subskriptions-Konzerten in Wien aufführte und von denen gerade 1783/84 kurz hintereinander fünf Konzerte entstanden (KV 449, 450, 451, 453 und 456). Es ist daher kein Wunder, dass der Klaviervirtuose, der sich auf dem Podium durch Brillanz auszeichnen musste um Erfolg zu haben, seine Virtuosität auch in den Sonaten nicht verleugnet. Was jedoch die c-Moll-Sonate so sehr als allen anderen heraushebt, ist eine völlig neue Sprache und ein erschütternder Ausdruck subjektiver Tragik. Diese Sonate steht am Beginn einer neuen Epoche im Leben Mozarts und ist jenes Werk, das auf die Zeitgenossen und unmittelbaren Nachkommen, vor allem auf den jungen Beethoven, den tiefsten Eindruck gemacht hat. Sie ist – sieht man von Haydns doch sehr anders gearteten c-Moll-Sonate Hob. XVI/20 ab – die erste große monumentale Klaviersonate, die nicht nur für den Salon geschrieben ist, sondern auch „in großen Rahmen“ erklingen kann und soll. Ihr Inhalt ist zutiefst tragisch. Dies wirkt überraschend, wenn man den Zeitpunkt der Komposition bedenkt, denn im Jahre 1784 stand Mozart am Gipfel seines äußeren Erfolges in Wien. Er gab in diesem Jahr mehr als 20 ausverkaufte Konzerte, in denen er eigene Werke spielte. Selbst heute, im Zeitalter des „Konzertbetriebs“ kommt es äußerst selten vor, dass ein Virtuose oder gar ein Komponist in einer Stadt 20-mal hintereinander auftritt – und doch muss sich gerade in dieser Zeit jene innere und äußere Tragödie im Leben Mozarts angebahnt haben, die dazu führte, dass er schließlich im Elend gestorben ist. Die c-Moll-Sonate eröffnet die Reihe jener tragischen Moll-Werke der Wiener Jahre Mozarts, die mit dem unvollendeten Requiem 1791 ihren Abschluss fand.

ERSTER SATZ   Der erste Satz mit seinem kühnen, aufstrebenden Thema ist ein einziger Aufschrei des Protestes. Der Anfang des ersten Satzes mit dem Unisono-Themenkopf und der „Gegenrede“ reißt Tiefen auf, wie die Themen des Klavierkonzerts KV 491 und der Fantasie KV 475, gegenüber denen die Sprache versagt. Erst ganz am Schluss des Satzes erlahmt die Kraft.

ZWEITER SATZ   Nun folgt jenes wunderbare, trostreiche Adagio, das zu Mozart schönsten Eingebungen gehört. Es ist vielleicht kein Zufall, dass die zweite Episode in As-Dur mit dem Adagio-Thema von Beethovens „Sonata Pathétique“ nahezu identisch ist.

DRITTER SATZ Aber die Tragödie ist nicht aufzuhalten. Der dritte Satz, ein Rondo, ist wiederum einer der erschütterndsten Sätze Mozarts. Klage, Protest, Resignation, atemlose Angst und Verzweiflung sprechen aus diesem Satz, dessen Fluss durch unzählige Pausen unterbrochen wird – wie im Leeren verhallende Schreie. Wunderbar ist es, dass alle jene subjektiven Erlebnisse, die hier ihren Ausdruck finden, doch nicht imstande sind, die Form zu sprengen. Nicht ein einziges Mal in dieser Sonate ist die klassische Sonatenform mit ihrer inneren Ordnung und Disziplin in Frage gestellt.  So wird Mozarts Musik hier Symbol einer „Größe durch Überwindung der persönlichen Tragik“ und auf dieser Ebene ist es, wo Mozart und Beethoven sich als „Klassiker“ treffen.

Fantasie c-Moll KV 475

Komponiert in Wien 1785

Schwierigkeitsgrad (von 1–9): mittel 6

YouTube-Empfehlung: Edwin Fischer

Mozarts Wohnhaus Domgasse WienDie große c-Moll-Fantasie komponierte Mozart ein halbes Jahr nach der Sonate, verband aber selbst beide Werke im Druck. Sie erschienen unter dem Titel „Fantasie et Sonate pour le Forte-Piano“ im Dezember 1785 mit einer Widmung an Therese von Trattner (1758-1796). Frau von Trattner war 1784/85 Mozarts Schülerin gewesen und zudem die Frau des reichen Buchdruckers von Trattner, in dessen Haus die Familie Mozart zeitweilig logierte. Manches spricht für die Annahme, dass Mozart eine unglückliche Liebe mit der Widmungsträgerin verband, die den tragischen Unterton in beiden Werken verursachte.

Die c-Moll-Fantasie steht in Bezug auf Ausdruckstiefe, neuartige Formgestaltung, Modulationsreichtum sowie Vielfalt des zum Teil höchst virtuosen Klaviersatzes einzigartig in Mozarts Klavierschaffen da. Der dänische Arzt Frank, der Mozart 1784 besuchte, war von Mozarts Vortrag einer Fantasie (war es diese?) zutiefst ergriffen. Wie in anderen Werken aus dieser Periode 1785/86 wird im Thema der c-Moll-Dreiklang c-es-g durch die hinzukommenden chromatischen Noten fis und as melodisch bereichert. (Die gleichen Töne finden sich im Hauptthema des c-Moll-Klavierkonzerts KV 491 und in der „Maurerischen Trauermusik“ KV 466 [479a], und wird zurecht als eine Art Todessymbol gewertet). Nach dem zweimaligen Unisono am Beginn, dem jeweils „ängstliche“ Klageseufzer folgen, wird das Anfangsmotiv harmonisch sequenziert über chromatisch auf und danach jenen absteigenden Bassfortschreitungen, die seit der Renaissance als Leidenssymbol („Passus duriusculus“) bekannt sind. Einmalig sind die kühnen Harmoniefolgen in Takt 10-16, die nach h-Moll führen. Mit einer „traumhaften“ Mediantenwendung (Fis-Dur - D-Dur) erreicht Mozart den zweiten Hauptteil, einen liedartigen Satz im gleichen Adagio-Tempo, der als eine verklärte Reminiszenz an vergangene glückliche Tage gedeutet werden könnte. Die weitere Tempofolge der Fantasie-Abschnitte ist schnell-langsam-schnell, bis nach einem ausgedehnten rallentando und diminuendo das düstere langsame Anfangsmotiv wiederkehrt, die Fantasie zyklisch abrundet und zu einem tragischen Abschluss führt. Dabei ist noch zu bemerken, dass die schnellen Teile höchste Aufregung und Leidenschaft ausdrücken, das Andantino in B-Dur (der „Spiegel-Tonart“ des Adagios in D-Dur) hingegen innig klingt und wie ein leiser Gebetsanruf: Höre mich! wirkt. Diese ruhigen Kontrast-Teile werden jedoch nicht zu Ende geführt, sie „zerflattern“ wie Traumbilder.

Mozart, Wolfgang Amadeus

Klaviersonate F-dur KV 533/494

Urtextausgabe, broschiert, 10,50 €

Komponiert in Wien (1. und 2. Satz 1788, 3. Satz 1786)

Schwierigkeitsgrad (von 1–9): schwierig 7

YouTube-Empfehlung: Emil Gilels
Satz 1 Satz 2 | Satz 3

(6) Die späten Sonaten

Nach der Komposition der großen c-Moll-Sonate änderte sich Mozarts Sonaten-Stil. Seine Ausdrucksweise verrät nun eine größere Subtilität. Auch eine größere Vorliebe für polyphone Stimmführung zeichnet vor allem die beiden ersten Sätze dieser F-Dur-Sonate aus. Diesen Sätzen, die 1788 entstanden, fügte Mozart das ein Jahr zuvor komponierte Rondo KV 494 als Schluss-Satz hinzu und änderte dabei nur den Schluss.

ERSTER SATZ Der außergewöhnliche erste Satz dieser F-Dur-Sonate beginnt eher konventionell. Wenn man nur die ersten vier Takte hört, würde man kaum glauben, dass aus diesem scheinbar unergiebigen Thema doch ein sehr bedeutender Sonaten-Satz entstehen kann. Das kontrapunktische Spiel mit diesen scheinbar unbedeutenden Motiven ist es vermutlich gewesen, das Mozart bei der Komposition zu fesseln schien und auf dem er eine spannungsvolle Durchführung aufzubauen wusste. Die Reprise bringt als zusätzliche Überraschung eine Modulation in entfernte Moll-Tonarten.

ZWEITER SATZ  Ein wunderbar tiefes, resignierend melancholisches Stück ist der zweite Satz, ein Andante; er ist sicherlich der wertvollste Satz dieser Sonate und gehört ohne Zweifel zu den schönsten Instrumentalsätzen Mozarts. Im Gegensatz zum ersten Satz spannt sich hier über die ganze erste Themengruppe ein großer melodischer Bogen, der überhaupt nicht aufzuhören scheint, bis zum Halbschluss in Takt 22. Die scharfe Dissonanz in Takt 2 des Themas löst sich schnell in eine warm klingende B-Dur-Kadenz auf und drückt einen Hauch von Resignation aus. Die polyphonische Stimmführung in diesem Satz ist bemerkenswert, und die dissonante Vorhalte gegen Ende der Durchführung (Takt 60-72) haben Musiker des 19. Jahrhunderts stets überrascht und verwundert. Sogar heute können wir noch die harmonische Kühnheit dieser dramatischen Vorhalte bewundern und als sehr ungewöhnlich empfinden.

Mozart, Wolfgang Amadeus

Klaviersonate C-dur KV 545 (Sonata facile)

Urtextausgabe, broschiert, 7,50 €

Komponiert in Wien 1788

Schwierigkeitsgrad (von 1–9): mittel 4-5

YouTube-Empfehlung: Ann Schein, Satz 1–3

Wie völlig anders in Klaviersatz und Gehalt ist die nachfolgende C-Dur-Sonate! Mit den Worten „Eine kleine Klavier-Sonate für Anfänger“ trug sie Mozart am 26. Juni 1788 in seinen handschriftlichen Katalog ein. Als „Sonate facile“ wurde sie erst längere Zeit nach Mozarts Tod veröffentlicht, wobei es unbegreiflich bleibt, warum sich die Verleger nicht schon zu seinen Lebzeiten um dieses köstliche Werk rissen. Sie gilt als ideales Unterrichtswerk. Das ist sie tatsächlich auch, aber außerdem ist sie mehr, denn Mozart hat ebenso wie Johann Sebastian Bach und Robert Schumann die höchsten Ansprüche an sich gestellt, wenn er für Anfänger schrieb. Der Titel „Facile“ (= leicht) ist insofern etwas irreführend, als diese Sonate gar nicht so leicht zu spielen ist. Denn gerade wegen ihrer Knappheit und Transparenz im Tonsatz stellt sie erhebliche Anforderungen auch an den reiferen Pianisten. So sind etwa die langen Gesangsbögen des zweiten Satzes nur von Spielern „mit langem Atem“ zu bewältigen; sie werden zwar nur von Alberti-Figuren begleitet, die jedoch – vor allem in der zweiten Episode – stets harmonische Bereicherungen und, besonders durch die Moll-Wendungen, auch eine beachtliche Vertiefung bringen. Und das äußerst knappe Schlussrondo spielt auf geistreiche Art so mit dem Rhythmus, dass der Hörer immer wieder verunsichert wird, wo der Auftakt und wo der Niederschlag liegt. Er ist am ehesten als „kindlich“ zu bezeichnen.

Mozart, Wolfgang Amadeus

Klaviersonate B-dur KV 570

Urtextausgabe, broschiert, 7,50 €

Komponiert in Wien 1789

Schwierigkeitsgrad (von 1–9): mittel 5-6

YouTube-Empfehlung: Walter Gieseking, Satz 1–3

Viele B-Dur-Werke Mozarts fallen durch ihren sanften und manchmal dunklen, resignierten Ton auf. Zu den Kompositionen, auf die diese Charakteristik zutrifft, gehört nicht nur das bekannte letzte Klavierkonzert KV 595, sondern auch die weniger berühmte Klaviersonate KV 570.

ERSTER SATZ Im Vergleich zur ähnlich beginnenden F-Dur-Sonate KV 332 fehlt dieser Sonate das energische Vorwärtsdrängen. Aber der Dramatiker Mozart kann sich auch in diesem lyrischen Stück nicht ganz verleugnen, und der Beginn der Durchführung mit der plötzlichen Rückung nach Des-Dur reißt Tiefen auf. Die Spannung steigert sich im weiteren Verlauf durch den sich in der Tonhöhe – und sicher auch im Tonvolumen – hinaufschraubenden zweiten Gedanken des Themas (Takt 84-94), in das dann im p der erste Themengedanke im Bass in G-Dur einsetzt. Die Tonrepetitionen nehmen ein wenig Papagenos Geplapper voraus. Die thematische Sparsamkeit in diesem ersten Satz mit der kunstvollen Vertauschung der Stimmen erinnern ebenso wie das heitere Schlussrondo dieser Sonate etwas an Haydn.

ZWEITER SATZ   Weit weniger ist dies der Fall beim sehr verinnerlichten Mittelsatz, einem Adagio in Es-Dur, trotz der Imitation des Hornklanges im Thema. Hier ist eine „Resignation ohne Bitterkeit“ ausgedrückt, eine entrückte Abschiedsstimmung, Musik, von der alle Erdenschwere abgefallen zu sein scheint. Die c-Moll-Episode dieses Satzes, der in Rondoform (oder fünfteiliger Liedform) gebaut ist, ist eng mit der c-Moll-Stelle des Mittelsatzes aus dem Klavierkonzert KV 491 verwandt; Takt 14 ist ein fast wörtliches Zitat daraus.

DRITTER SATZ   Dem Schlussrondo fehlt das Ritornell in der Mitte, so dass es die Form A-B-C-A hat. In der zweiten Episode (Abschnitt C) erinnern die Tonrepetitionen wiederum an die „Zauberflöte“, diesmal aber mehr an das Fugato der Ouvertüre als an Papagenos Arie.

Mozart, Wolfgang Amadeus

Klaviersonate D-dur KV 576

Urtextausgabe, broschiert, 7,50 €

Komponiert in Wien 1789

Schwierigkeitsgrad (von 1–9): schwierig 7

YouTube-Empfehlung: Paul Badura-Skoda, Satz 1–3

Mozartporträt 2

Nicht so „jenseitig“ im Charakter, dafür um vieles brillanter, ist die letzte der original konzipierten Klaviersonaten Mozarts, die Sonate KV 576 in D-Dur. Die Tonart ebenso wie die Taktart (6/8) weisen schon auf den Untertitel hin, den diese Sonate vor allen in den englisch sprechenden Ländern oft erhält: Jagd-Sonate (Hunt-Sonata). Wie Mozart seinem Gläubiger Puchberg brieflich mitteilte, plante er 1789 um Geld zu verdienen, sechs leichte Klaviersonaten für die Prinzessin Friederike von Preußen zu komponieren. Allerdings scheint diese Jagdsonate offenbar die einzige gewesen zu sein, die Mozart dann fertigstellte; und „leicht“ kann man sie kaum nennen. In Gegenteil, ihre Interpretation stellt hier Anforderungen an die Fingertechnik des Pianisten.

Wie in so vielen Werken Mozarts aus diesen letzten Wiener Jahren findet sich auch in dieser Sonate ein subtiles kontrapunktisches Spiel mit scheinbar einfachsten Mitteln. In der Durchführung des ersten Satzes erscheint das Thema mehrfach mit kanonischen Einsätzen, erst im Abstand von einem Takt (Takt 63/64), später von eineinhalb Takten (Takt 70) und führt dann zu einem eindrucksvollen Höhepunkt mit einer Modulation nach Fis-Dur (Takt 77 f.) und einer Rückkehr zur Haupttonart über fis-Moll (Takt 83), h-Moll und e-Moll. Nach einer kurzen Überleitung beginnt die Reprise in Takt 99, wobei in echt Mozartscher Art das Material der Exposition in neuer Reihenfolge und leicht verändert gebracht wird.

III Buch- und CD-Empfehlungen

 

A Empfohlene Bücher/Links:

1. Eva Badura-Skoda and Paul Badura-Skoda, Interpreting Mozart.
    The Performance of His Piano Pieces and Other Compositions (2nd edition),
    New York [Routledge] 2008

2. Siegbert Rampe, Mozarts Claviermusik.
    Klangwelt und Aufführungspraxis. Ein Handbuch, Kassel [Bärenreiter Verlag] 1995

3. Robert Levin, Einführung in Mozarts Klaviersonaten (3-teiliger Film in Englisch):
    Teil 1 Teil 2 | Teil 3

B Empfohlene Gesamteinspielungen:

1. historisches Instrument: Paul Badura-Skoda [Astrée 2005]

2. modernes Instrument: András Schiff [Decca 1997]

3. weitere Gesamteinspielungen: ArkivMusic | JPC

 

IV Mozarts Klaviersonaten geordnet in aufsteigendem Schwierigkeitsgrad

 

Grad

Stufe

Sonate

mittel

5

Klaviersonate (Facile) C-dur KV 545

mittel

5

Klaviersonate Es-dur KV 282 (189g)

mittel

5

Klaviersonate F-dur KV 280 (189e)

mittel

5

Klaviersonate C-dur KV 309 (284b)

mittel

6        

Klaviersonate D-dur KV 311 (284c)

mittel

6

Klaviersonate G-dur KV 283 (189h)

mittel

6

Klaviersonate B-dur KV 281 (189f)

mittel

6

Klaviersonate C-dur KV 279 (189d)

mittel

6

Klaviersonate B-dur KV 570

mittel

6

Klaviersonate A-dur KV 331 (300i) mit Türkischem Marsch (Alla Turca)

mittel

6

Klaviersonate D-dur KV 284 (205b)

mittel

6

Klaviersonate B-dur KV 333 (315c)

mittel

6

Klaviersonate F-dur KV 332 (300k)

mittel

6

Klaviersonate C-dur KV 330 (300h)

mittel

6

Fantasie und Sonate c-moll KV 475/457

schwer   

7

Klaviersonate a-moll KV 310 (300d)

schwer

7

Klaviersonate F-dur KV 533/494

schwer

7

Klaviersonate D-dur KV 576

V Historische versus moderne Tasteninstrumente

 

Tastendetail

Meine „Bekehrung“ in Bezug auf den Mozart-Flügel erfolgte 1948, als ich die Mozart-Klaviersonaten in Hauskonzerten von der hervorragenden Isolde Ahlgrimm auf einem Hammerflügel von Walter spielen hörte. Vorher hatte ich mit einer gewissen Arroganz auf diese scheinbar so primitiven Instrumente herabgeblickt und das weitverbreitete Vorurteil vertreten, dass Aufführungen auf solchen Instrumenten nur historisches Interesse beanspruchen dürfen. Bei diesen Hauskonzerten aber wurde mir klar, dass es sich hier um den authentischen Klang handelt und dass die Werke mit einer größeren Unmittelbarkeit den heutigen Zuhörer ansprechen als bei einer noch so guten Wiedergabe auf dem Konzertflügel. Die Klarheit des silbrigen Tones, die Unterschiede der Register, die feinste dynamische Abstufung und vor allem der edle gesangvolle Ton der Mittellage sind unerreicht. Ich möchte aber auch dem modernen Flügel seine Qualitäten keinesfalls absprechen. Der wesentlich größere, dadurch aber auch dickere Ton macht es überhaupt erst möglich, in großen Sälen zu konzertieren, die Perfektion der Mechanik erlaubt eine größere dynamische Skala, wie sie auf den Pianofortes nur selten möglich ist.

Selbstverständlich garantiert das Spiel auf einem alten oder nachgebauten Hammerflügel noch lange keine authentische Wiedergabe. Für den modernen Pianisten ist eine große Umstellung erforderlich, da – bedingt durch das größere mechanische Gewicht und die größere Spieltiefe der Tasten – unsere Hände im Verhältnis viel zu schwer und klobig geworden sind. Dies bedeutet vor allem, dass das sonst übliche Spiel mit Arm- und Handgewicht einem fein artikulierten Fingerspiel weichen muss. Erst dadurch werden die vielen feinen Artikulierungen und vor allem die Abstufungen des Staccato-Spiels ermöglicht, die für die Musik des 18. Jahrhunderts so wesentlich sind. Durch diese Erkenntnisse, die ich im Laufe jahrzehntelangen Studiums erworben habe, ist aber auch mein Spiel auf modernen Flügeln so günstig beeinflusst worden, dass ich eine Durchsichtigkeit des Spiels, die ich früher für unmöglich gehalten hätte, erwerben konnte.

MozartflügelWie schön wäre es, wenn auf allen Konservatorien für die Musik des 18. Jahrhunderts nicht nur gute Cembali, sondern auch Hammerflügel stünden! Wenn auch heute noch selbst gute Musiker oft den runden, vergleichsweise glatten und farblose Klang des modernen Instruments vorziehen, so hat dies seinen Grund aber auch darin, dass in den seltensten Fällen ein historisches Instrument in so gutem Spielzustand ist, dass es den hohen künstlerischen Anforderungen, etwa einer Haydn-Sonate oder ein Mozart-Fantasie, entspricht.

 

VI Paul Badura-Skoda

 

Paul Badura-Skoda ist einer der großen Pianisten unserer Zeit. Ein legendärer Künstler, der in den Konzertsälen der ganzen Welt zu hören ist und lange Jahre der Pianist mit der höchsten Platteneinspielung war. Seine musikalische Persönlichkeit ist geprägt von einer völligen Vertiefung in die Musik, einer leidenschaftlichen Suche nach dem Wesentlichen und einer hohen künstlerischer Verantwortung. Der Zuhörer spürt sofort, dass er die Musik mit jeder Faser seines Wesens liebt.

Als gebürtiger Wiener gewann er mit 20 Jahren nach dem Krieg den ersten Preis im österreichischen Musikwettbewerb, der ihm ein für sein Leben richtungsweisendes Stipendium für Edwin Fischers Meisterkurse in Luzern brachte. Wenig später wurden Furtwängler und Herbert von Karajan auf ihn aufmerksam und die Konzerte mit diesen Dirigenten wurden zum Beginn einer kometenhaft aufsteigenden Karriere, die ihn in die Konzertsäle aller Kontinente und in die Schallplattenstudios von Europa und USA sowie in die internationalen Fernsehstudios brachte.

Badura-Skoda ist für die unglaubliche Vielseitigkeit seines Repertoires bekannt und wird für sein sprühend lebendiges, schöpferisches Musizieren geschätzt und gefeiert. Die Vertiefung in die Musik, die leidenschaftliche Suche nach dem Wesentlichen des Kunstwerks führte ihn zu einer hohen künstlerischen Verantwortung und der Einmaligkeit seines Interpretationsstils.

Paul Badura-Skoda ist ein regelmäßiger und gefeierter Gast bei den wichtigsten Musikfestivals und spielt als Solist mit den berühmtesten Orchestern. Außer mit Furtwängler und Karajan ist er mit Dirigenten wie George Szell, Karl Böhm, Lorin Maazel, Zubin Mehta, Sir Charles Mackerras, Sir Georg Solti, Kent Nagano und John Elliot Gardiner aufgetreten.

Paul Badura-Skoda hat ein umfangreiches Repertoire auf Tonträgern aufgenommen – mehr als 200 LPs und an die hundert CDs, darunter die kompletten Sonatenzyklen von Beethoven, Mozart und Schubert.

Der Künstler sieht seine Lebensaufgabe darin, die Werke der Meister im Geiste der Komponisten lebendig zu vermitteln. Er gilt als internationale Autorität in Textfragen, hat hunderte von Autographen und Originalausgaben studiert, von denen er ein umfangreiches Fotoarchiv besitzt. Frucht dieser Studien sind zahlreiche Urtextausgaben, Aufsätze und Bücher über Bach- und Mozart-Interpretation.

Paul Badura-Skoda spielt sowohl auf historischen als auch auf modernen Klavieren. Seine besondere Kenntnis der Tasteninstrumente von Bach über Mozart bis heute macht ihn zu einem Interpreten, der sein Publikum und seine Kritiker immer wieder begeistert.

Website von Paul Badura-Skoda